Falls jemand – ein Geschäftsmann, eine Geschäftsfrau – zum ersten Mal in Zug ankommt, nimmt er womöglich an, dass die Mitte der Stadt rund um den Bahnhof herum zu finden sei, im neu und gut gebauten und keineswegs ärmlichen Gebiet, wo er neben Geschäftshäusern attraktive Wohngebäude sieht, übrigens schon bei der Anfahrt, schon vom Zug aus. Und während er (oder sie) sich in dieser Umgebung bald zurechtfindet, könnte er annehmen, dass die Altstadt, bzw. das angrenzende ältere Stadtgebiet, vorwiegend für den Tourismus bestimmt sei. Sollte er absolut in Klischees denken, wobei die Darstellung der soeben angekommenen Person mit seiner Sehensweise ebenfalls einem Klischee gleichkommt und damit, wie jedes Klischee, zum Teil der Wirklichkeit entspricht (was ebenfalls keine neue Aussage ist), sollte der Fremde so denken, könnte er sogar unterstellen, dass man den älteren Kernbereich der Stadt extra für die Touristen erbaut hätte.
Wer weiss, was manche Leute denken, und interessant ist auch, dass es für das Nichtdenken kaum ein treffendes Wort gibt.
Interessant wäre ausserdem ein Vergleich zwischen den Besuchern der Stadt, die mit einer fix vorgegebenen Aufgabe anreisen und denen, die sich umschauen wollen.
Aber hervorzuheben ist vor allem, dass Zug auch in der innersten Innenstadt auffallend schön ist. Wenn jemand dieser Stadt am Zugersee etwas vorwerfen wollte, hätte es keinen Sinn, ausgerechnet bei ihrem Erscheinungsbild zu beginnen.
Das Wort schön war mir im Zusammenhang mit Zug schon vor gut zwanzig Jahren ein Anliegen, so dass ich es damals oft wiederholte, und jetzt habe ich es neu herbeizitiert. Dieses Wort ist ein Extrakt, zusammengepresst wie etwa die Bezeichnung Nescafe. Weniger gepresst könnte man auch ansehnlich sagen. Zug ist ansehnlich: Von der Uferpromenade aus, vom Zitturm aus, der Blick vom Zugerberg hinab gefällt mir ausnehmend gut (ausnehmend gut ist eine beachtliche Verlängerung von schön, beinahe eine Verwässerung). Zudem haben sich im Uferbereich die Geschäfte weniger verändert als in manchen anderen Städten. Selbst die Buchhandlung dort unten ist geblieben, obwohl Buchhandlungen sonst europaweit vom Aussterben bedroht sind.
Bei näherem Hinschauen tauchen aber auch Unstimmigkeiten auf, beispielsweise gibt es die Hauptpoststelle nicht mehr. Das klassizistisch anmutende, an einem zentralen, guten (schönen) Ort gelegene, die Stadtstruktur und die Laufwege der Einwohner betonende Postgebäude hat seine Dienste aufgeben müssen.
Wer hat diese Veränderung herbeigeführt? Die Postverwaltung, die Stadtverwaltung? Neu angelernte Philosophen? Philosophengeschäftsleute?